s.cape - Entwurf zur Vision einer Tank- und Raststätte am Irschenberg
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Thema Autobahnraststätte mit Tankstelle auf dem Irschenberg. Den Schwerpunkt der Entwurfsaufgabe bildet die Integration technischer Infrastruktur in die Landschaft und die prozesshafte Ausformulierung der Gebäudeteile und ihres Arrangements unter funktionalen Rahmenbedingungen. Im Laufe meines Architekturstudiums erhielt ich die Möglichkeit ein Jahr in den Studiengang Industriedesign zu wechseln. Mein Interesse dafür wurde im Modul Objekt- und Produktdesign am Institut für Kunst und Gestaltunggeweckt. Diesen Einfluss betrachte ich als ausschlaggebend für die im Entwurfsprozess angewandte Kombination aus rationalen und intuitiven Designmethoden. Die Nähe zu physischen Entwurfswerkzeugen und -darstellungen sollte zu keinem Zeitpunkt des Projektes aufgegeben werden, beziehungsweise mithilfe dieser eine schrittweise Ausformulierung der Aufgabe erreicht werden. Dabei sollte die Auseinandersetzung mit den verwendeten Materialien, deren Eigenschaften und Widerständen, einen wichtigen Beitrag zum Entwurfsprozess leisten. Das Automobil gilt gemeinhin als Symbol für Industriedesign und ragt heute unter allen Verkehrsträgern in seiner Bedeutung heraus, da die individuelleMobilität (noch) als ein Wesensmerkmal einer modernen Gesellschaft gesehen wird. Als anfängliches Nebenprodukt der Massenmotorisierung in den 1930er Jahren haben sich die fahrzeugversorgenden, -beherbergenden oder -präsentierenden Bauten in den Folgejahrzehnten im Stadt- und Landschaftsbild etabliert. Auch wenn der architektonische Anspruch heutzutage kontinuierlich wächst, haben sich bisher nur wenige namhafte Architekten der Aufgabe des Tankstellendesigns angenommen, beziehungsweise annehmen dürfen. In seinem Buch »How to design a successful petrol station« beschreibt Marcello Minale die Umstände dafür aus seiner Sicht:
»So, who are the people who can design petrol stations? In my opinion architects are not the best people since they lean towards grandiose statements not suited to a large-scale roll out. There are few consultancies which have developed the skill that combines brand identity, graphics, industrial design, landscape design, retail design, signage and most recently, multimedia design.«
Gerade die Übertragung eines feststehenden Designs auf weltweite Standpunkte - dessen Reproduktion - birgt die Gefahr der Vernachlässigung einer architektonischen Verortung des Bauwerks. Die mangelnde Auseinandersetzung mit dem Spezifikum der Architektur, dem Spiel von gebautem Element und dem umgebenden oder eingeschriebenen Raum führte zumindest auf bautypologischer Ebene, ohne nun auf kulturelle oder soziale Gesichtspunkte einzugehen, zu lediglich technischen Anpassungen und Variationen der Musterbaukonzepte aus den 1930er Jahren. Die weitere Automobilisierung in den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem zweiten Weltkrieg hatte eine Skalierung jener Konzepte aufgrund übersteigerten Wirtschaftlichkeitsdenkens und dadurch eine Unmaßstäblichkeit durch fremdartig und monströs wirkende Überdachungen zur Konsequenz. Ausgehend von der Analyse diverser Mobilitätsszenarien (mit Realitätsbezug) für Europa 2 , insbesondere für Deutschland, habe ich mich entschieden ein gemäßigt positives Szenario als Ausgangspunkt für die Suche nach einem interessanten aber auch problembehafteten Standort zu machen. In angesprochenem Szenario scheint der Ausbau des Fernstraßennetzes aufgrund des stark wachsenden Stra.engüterverkehrs und der Ausweitung des Aktionsradius der Bevölkerung (v.a. in Bezug auf Urlaubsverkehr) trotz eines beschleunigten technischen Wandels und der Angebotsausweitung des öffentlichen Personennahverkehrs in prosperierenden Ballungsräumen unumgänglich. Ich habe mich deshalb für einen außerstädtischen Standort an einer Autobahn entschieden,ohne die verheerenden städtebaulichen Auswirkungen des Automobils in der Vergangenheit und die zahlreichen Möglichkeiten eines architektonischen Einwirkens in der Zukunft ignorieren zu wollen. Noch ohne die Kenntnis des geschichtlichen Hintergrunds bargen für mich schon die zahlreichen Hin- und Rückfahrten aus meiner Geburtsstadt München auf der deutschen Bundesautobahn 8 - früher in die Alpen und später studienbedingt nach Wien - eine Faszination. Es waren wohl die einprägsame Streckenführung gleichermaßen wie die bleibenden landschaftlichen Eindrücke, die mich bewogen, eine Entwurfsaufgabe an der Strecke zwischen Salzburg und München anzunehmen. Vor allem auf dem Irschenberg, auf einem Drittel des Weges von München nach Salzburg, bietet sich dem Reisenden ein weitreichender Blick auf das Alpenpanorama. Die Entscheidung für den Irschenberg rührt außerdem daher, dass dieser aufgrund der hohen Steigung der Autobahn als Unfallhäufungspunkt und durch den Bau eines vielkritisierten Schnellrestaurants des Öfteren in der Presse Erwähnung fand. Die Diskrepanz zwischen der Topografie der Voralpen, der Verortung eines Verkehrsbaus und der Dynamik der Autobahn bilden den Rahmen, auf dem sich diese Studie in Form einer architektonischen Vision aufspannt.